Verknallt in Brad Pitt oder Harry Potter: Über virtuelle Liebesbeziehungen aus dem Jugendalter30/10/2018
Haben Sie sich schon einmal einer Berühmtheit sehr verbunden gefühlt? Oder waren Sie vielleicht sogar eine Zeit lang verliebt in einen Star oder fiktiven Charakter aus einem Film? In diesem Blogpost geht es um diese mehr oder weniger realen (sogenannt parasozialen) Beziehungen, die wir zu Stars und Berühmtheiten aufbauen und wie diese unsere Sicht auf Beziehungen im Erwachsenenalter prägen. Eine Studie von Sarah E. Erickson und Sonya Dal Cin (2018) Besonders in den Jugendjahren kann es gängig sein, dass man sich in eine Person verliebt oder eine enge Beziehung zu jemandem pflegt, der nicht unmittelbar zum eigenen sozialen Umfeld gehört. In meiner Generation war das beispielsweise Josh Hartnett, der im kitschüberströmten Film Pearl Harbor mitgespielt und die Herzen meiner Altersgenossinnen im Sturm erobert hat. Was bedeuten solche parasozialen Liebesbeziehungen für das spätere Liebesleben? Diese Frage haben sich Sarah E. Erickson und Sonya Dal Cin auch gestellt. Sie gingen davon aus, dass Personen, die in Jugendjahren intensivere parasoziale Beziehungen hatten, eher „klassischere“ heterosexuelle Liebesskripten bevorzugten. Das heisst, sie hatten zum Beispiel eher die Vorstellung, dass das Beste, was einer Frau passieren kann, ist, von jemandem geliebt zu werden oder dass Männer eher an physischen Beziehungen interessiert sind und Frauen eher an emotionalen. Zudem gingen die Autorinnen davon aus, dass jugendliche parasoziale Beziehungen mit beziehungsabhängigem Selbstwert zusammenhängen würden. Das heisst, wenn ich damals in Josh Hartnett verliebt war, dann sollte mein Selbstwert als Erwachsene mit einer höheren Wahrscheinlichkeit davon abhängig sein, wie gut meine Beziehungen laufen. Ein beziehungsabhängiger Selbstwert ist tendenziell negativ besetzt, da er mit anderen Schwierigkeiten einhergeht. Beispielsweise tendieren Frauen, die ihren Selbstwert von Beziehungen abhängig machen, dazu, bei Beziehungsproblemen eher zum Alkohol zu greifen oder depressive Symptome zu entwickeln. Zusätzlich zu diesen zwei Hypothesen wollten die Forscherinnen herausfinden, ob erinnerte, parasoziale Beziehungen im frühen Jugendalter damit zusammenhängen, wie leidenschaftlich ausgeprägt die Liebe im jungen Erwachsenenalter und wie hoch die Beziehungs- und sexuelle Zufriedenheit ist. Die Studie umfasste über 400 Studentinnen aus den USA. Diese wurden dazu befragt ob sie im Alter zwischen 12 und 14 Jahren in einen Star verliebt waren (einen ‘Celebrity Crush’ hatten) oder einen Star sehr mochten. Falls dies der Fall war, wurden diese Studentinnen auch über ihren damaligen Schwarm befragt, also seinen Namen, wann die Verliebtheitsphase begann und ob sie sich jetzt noch mit dieser Person verbunden fühlten. 376 der gesamthaft 406 Studentinnen gaben an, in einen Star verliebt gewesen zu sein oder einen gemocht zu haben. Die anderen wurden aus der Analyse ausgeschlossen. Man sieht also, Celebrity Crushes sind ein weit verbreitetes Phänomen bei Frauen in ihren frühen Jugendjahren. 23 Prozent der Teilnehmerinnen gaben an, dass sie sich ihrem Star sogar heute noch verbunden fühlten. Zu den am häufigsten genannten Stars gehörten Aaron Carter, Zac Efron, Jesse McCartney, Joe Jonas und Justin Bieber. Knapp ein Viertel der Probandinnen (22%) waren aber in fiktionale Stars verliebt gewesen, wie beispielsweise Harry Potter, Edward Cullen (Twilight) oder Aragorn (Herr der Ringe). Die Autorinnen fanden, dass die Bindung zu einem Star im Jugendalter mit klassischeren Liebesskripten im jungen Erwachsenenalter einherging. Zudem berichteten die Probandinnen, die eine stärkere Bindung an einen Star erlebt hatten, von mehr leidenschaftlicher Liebe und einem stärker von Beziehungen abhängigen Selbstwert. Was jedoch nicht mit parasozialen Beziehung zusammenhing, war die aktuelle Beziehungs- und sexuelle Zufriedenheit der Teilnehmerinnen. Die Forscherinnen fanden aber, dass Frauen mit einer stärkeren parasozialen Beziehung im Jugendalter, ihre bisherigen sexuellen Erfahrungen als negativer einschätzten als diejenigen mit einer schwächeren parasozialen Beziehung im Jugendalter. Die Forscherinnen schliessen, dass eine parasoziale Beziehung im Jugendalter häufig vorkommt und nebst vielen anderen Faktoren, wie beispielsweise Freundschaften, Familie und anderen persönlichen Erlebnissen, nur einen kleinen Teil zur Bewertung des eigenen Liebeslebens beiträgt. Parasoziale Beziehungen, so die Autorinnen, können somit ein Übungsfeld darstellen in dem Jugendliche Beziehungen für sich entdecken, ohne ihr Herz aufs Spiel setzen zu müssen. Nichtsdestotrotz scheint es so als wären auch die kleineren, vielleicht unwichtig erscheinenden Poster-Anhimmeleien aus dem Jugendalter relevant für Liebesbeziehungen im Erwachsenenalter. Dieser Blogpost wurde von Dr. Rebekka Weidmann verfasst. Kommentare sind geschlossen.
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