Überall wo Menschen zusammenkommen gibt es sie: Konflikte. Konflikte zwischen Völkern, zwischen Nachbarn und zwischen Familienmitgliedern. Auch romantische Partnerschaften sind davon nicht ausgenommen. Wie wir auf Konflikte reagieren ist jedoch unterschiedlich und wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst - unter anderem von unserer Kindheit. Eine Studie von Lindsey Susan Aloia und Denise Hauani Solomon (2015) Selbst in den besten Partnerschaften gibt es Konflikte. Die meisten von uns überrascht es wohl nicht, dass das Erleben von Konflikten zu Ärger, verletzten Gefühlen, Stress, Angst, oder geringerer Beziehungszufriedenheit führen kann. Doch nicht alle Menschen reagieren gleich auf Konflikte. Für die einen ist jeder Konflikt eine kleine Katastrophe, während andere fünf Minuten später alles wieder vergessen haben. Dies macht den Umgang mit Konflikten in einer Partnerschaft nicht gerade einfacher: „Du nimmst die Situation nicht ernst!“, meint vielleicht die eine Person. „Du übertreibst völlig!“, kontert die andere. Doch an was liegt es, dass Konflikte für manche Menschen so viel stressreicher sind als für andere?
Lindsey Aloia und Denise Solomon, zwei Forscherinnen aus den USA, wollten dieser Frage auf den Grund gehen. Sie vermuteten, dass dabei Unterschiede in der Ausschüttung des Stresshormons Cortisol eine Rolle spielen könnten. Cortisol wird als Reaktion auf stressige und bedrohliche Situationen verstärkt produziert, um mehr Energie für deren Bewältigung bereitzustellen. Frühere Studien konnten zeigen, dass auch bei Konflikten vermehrt Cortisol ausgeschüttet wird. Die Cortisolausschüttung ist dabei umso stärker, je intensiver und feindlicher der Konflikt ist. Zudem wird die Cortisolausschüttung auch davon beeinflusst, wie bedrohlich eine Situation eingeschätzt wird. Nicht jeder nimmt einen Konflikt als gleich bedrohlich wahr. Ein Faktor, der die Wahrnehmung und damit auch die körperliche Stressreaktion beeinflussen könnte, ist das Konflikterleben in der Kindheit. Kinder, in deren Familien viel gestritten wird, könnten sich an Konflikte gewöhnen und diese als „normal“ empfinden und daher auch noch im Erwachsenenalter eine geringere Stressreaktion bei Konflikten zeigen. Um diese Annahme zu überprüfen luden die Forscherinnen 50 Paare in ihr Labor ein. Die Paare füllten unter anderem einen Fragebogen zum Konfliktverhalten in der Familie während der Kindheit aus und wurden danach aufgefordert, miteinander über ein konfliktbehaftetes Thema zu sprechen. Vor und nach dem Konfliktgespräch wurden jeweils Cortisolmessungen durchgeführt. Generell konnte gezeigt werden, dass mehr Cortisol ausgeschüttet wurde, je intensiver das Konfliktgespräch war. Bei Personen, die von viel Konflikten in der Kindheit berichteten, war dieser Zusammenhang jedoch schwächer. Das heisst, sie zeigten eine schwächere körperliche Stressreaktion auf das Konfliktgespräch als Personen, die von wenig familiären Konflikten in der Kindheit berichteten. Erlebt ein Kind in der Familie viele Konflikte scheint also tatsächlich eine Art Gewöhnung stattzufinden. Dies hilft den Kindern mit der Situation besser umgehen zu können. Längerfristig kann diese Gewöhnung sowohl Vor- als auch Nachteile haben. Durch die abgeschwächte körperliche Stressreaktion könnte auch im Erwachsenenalter ein besserer Umgang mit Konfliktsituationen ermöglicht werden. Andererseits könnte es auch sein, dass die Personen aggressiveres Konfliktverhalten zeigen, da sie selbst die Intensität eines Konfliktes weniger „spüren“. Die Autorinnen spekulieren, dass es daher für Kinder am besten sein könnte, in der Familie Konflikte zu erleben, die ihnen zeigen, dass Meinungsverschiedenheiten grundsätzlich nicht bedrohlich sind, aber dass intensive Konflikte durchaus Gefahren bergen. Wenn also unser Partner/ unsere Partnerin ganz anders auf Konflikte reagiert als wir, könnte es sich lohnen, einen Blick auf die Vergangenheit zu werfen. Oder man akzeptiert einfach, dass wir uns darin unterscheiden, wie viel Stress bestimmte Situationen bei uns auslösen und dass derartige Wahrnehmungen sowieso immer subjektiv sind. Dieser Blogpost wurde von BSc. Sabrina Brunner verfasst. Bildquelle: Evolution Labs/Flickr Kommentare sind geschlossen.
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